Schlichtungsverfahren vor der Gütestelle

Inhalt

Was ist Schlichtung?

Bei welchen Angelegenheiten muss ein zwingendes Schlichtungsverfahren durchgeführt werden?

Wie funktioniert ein zwingendes Schlichtungsverfahren?

An wen können Sie sich wenden?

Was kostet das zwingende Schlichtungsverfahren?

Welche Angaben benötige ich bei Ihrer Antragstellung ?

Bei welchen Angelegenheiten kann ein freiwilliges Schlichtungsverfahren durchgeführt werden?

Vorteile der Schlichtung

Die derzeitige Situation bei unseren Gerichten

Warum wird trotzdem noch geklagt?

 

Schlichten statt prozessieren!

 

Was ist Schlichtung?

Schlichtung ist ein Verfahren der außergerichtlichen Streitbeilegung. Grundsätzlich handelt es sich um ein freiwilliges Verfahren. In den meisten Bundesländern sind Schlichtungsverfahren bei bestimmten Streitigkeiten zwingend vorgeschrieben. Dies gilt in Baden-Württemberg, Bayern, Brandenburg, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Saarland, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein. In Berlin und Mecklenburg-Vorpommern werden entsprechende Gesetze vorbereitet (Stand: November 2001).

 

In einen Schlichtungsverfahren bin ich nicht als Ihr Rechtsanwalt tätig, sondern als eingetragene Gütestelle. Dies bedeutet, dass ich versuchen werde die Interessen beider Parteien zu einem Ausgleich zu bringen. Auch als Antragsteller haben Sie daher keinerlei Weisungsbefugnis mir gegenüber. Meine Tätigkeit als Gütestelle ist mit der Arbeit einer Schiedsstelle vergleichbar.

 

 

Bei welchen Angelegenheiten muss ein zwingendes (obligatorisches) Schlichtungsverfahren durchgeführt werden?

 

Beispiel Bayern:

Seit 01. September 2000 kann aufgrund des Bayerischen Schlichtungsgesetzes (BaySchlG) vor den Amtsgerichten in folgenden bürgerlich-rechtlichen Streitigkeiten eine Klage erst erhoben werden, wenn die Parteien einen Versuch unternommen haben, die Streitigkeit vor einer Schlichtungs- oder Gütestelle gütlich beizulegen:

 

- in vermögensrechtlichen Streitigkeiten über Ansprüche, deren Gegenstand an Geld oder Geldeswert die Summe von eintausendfünfhundert Deutsche Mark nicht übersteigt.

 

- in Streitigkeiten über Ansprüche wegen:

Nachbarkeitsstreitigkeiten nach § 906 BGB, sofern es sich nicht um Einwirkungen von einem gewerblichen Betrieb handelt.

Überwuchses nach § 910 BGB

Hinüberfalls nach § 911 BGB

eines Grenzbaums nach § 923 BGB

der in den Art 43 bis Art 54 AGBGB geregelten Nachbarrechte, sofern es sich nicht um Einwirkungen von einem gewerblichen Betrieb handelt.

 

- in Streitigkeiten über Ansprüche wegen der Verletzung der persönlichen Ehre, die nicht in Presse und Rundfunk begangen worden ist.

 

Ein Schlichtungsversuch vor Erhebung einer Klage ist nur erforderlich, wenn die Parteien ihren Wohnsitz, ihren Sitz oder ihre Niederlassung im selben Landgerichtsbezirk haben. Die Landgerichtsbezirke München I und München II gelten insoweit als ein Landgerichtsbezirk.

 

Wie funktioniert ein zwingendes Schlichtungsverfahren?

(sehr verkürzt dargestellt:): Im Schlichtungsverfahren werden in der Regel beide Parteien zu einem Schlichtungsgespräch geladen. Unter Anleitung des Schlichters werden die jeweiligen Positionen ausgetauscht. Der Schlichter stellt sodann die Rechtslage sowie ggf. mögliche Lösungswege dar. Darüber hinaus kann die Möglichkeit eröffnet werden, dass die Parteien eigene Lösungswege erarbeiten. Dabei auftretende rechtliche Probleme können mit dem Schlichter erörtert werden. Kommt es zur Einigung zwischen den Parteien, so wird hierüber eine Schlichtungsvereinbarung abgeschlossen. Diese Vereinbarung kann für vollstreckbar erklärt und ggf. mit Zwangsvollstreckungsmaßnahmen durchgesetzt werden

 

An wen können Sie sich wenden?

Streitparteien können sich einvernehmlich an jeden Rechtsanwalt wenden, der nicht Vertreter einer der Parteien ist. Fehlt es an einem solchen Einvernehmen, so müssen sich die Parteien an einen bayerischen Notar oder an einen als Schlichter zugelassenen Rechtsanwalt wenden. Ich bin seit 25.05.2000 von der Rechtsanwaltskammer München als Schlichter zugelassen und stehe Ihnen gerne zur Verfügung.

 

Was kostet das zwingende Schlichtungsverfahren?

Der Antragsteller muss bei Antragstellung einen streitwertunabhängigen Vorschuss in Höhe von EUR 139,20 (incl. USt.) leisten. Dieser Betrag setzt sich wie folgt zusammen:

eine Gebühr gem. Art. 13 II Nr. 2 BaySchlG in Höhe von                                                   EUR    100,00

eine Auslagenpauschale gem. Art. 13 IV BaySchlG in Höhe von                                          EUR      20,00

Umsatzsteuer aus EUR 120,00 in Höhe von                                                                      EUR      19,20

Gesamtbetrag:                                                                                                              EUR    139,20

 

Im Verlauf des Schlichtungsgesprächs müssen sich die Parteien darauf einigen, wer die Kosten zu welchem Teil trägt. Kommt es zu keiner Einigung, so wird über die Kosten im nachfolgenden Prozess entschieden. Kommt es zu keinem Schlichtungsgespräch, so ermäßigt sich die Gebühr auf EUR 81,20. Kosten, die den Parteien entstehen (z.B. durch Beauftragung eines Rechtsanwalts), werden nicht erstattet.

 

Eine Partei, die die Voraussetzungen für die Gewährung von Beratungshilfe nach den Vorschriften des Beratungshilfegesetzes erfüllt, ist von der Verpflichtung zur Zahlung der Vergütung befreit.

 

Welche Angaben benötige ich bei Ihrer Antragstellung?

- Ihren Namen und Adresse (Antragsteller);

- den Name und die Adresse des Antragsgegners;

- das Thema des Streits: Was ist im einzelnen passiert? Wann und wo?

- Was möchten Sie mit Ihrem Antrag erreichen?

 

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Bei welchen Angelegenheiten kann ein freiwilliges Schlichtungsverfahren durchgeführt werden?

Nicht alle Streitigkeiten eignen sich für ein Schlichtungsverfahren. So sind z.B. Rechtssachen, die einer ausführlichen Beweiserhebung oder einem Sachverständigengutachten bedürfen, für das formlose Schlichtungsverfahren (da ohne gesetzliche Vorgaben) nicht geeignet. In vielen Fällen bedarf es dagegen keiner, oder nur einer sehr einfachen Beweiserhebung. In diesen Fällen bietet die Schlichtung viele Vorteile gegenüber dem gerichtlichen Verfahren. Bei der Entscheidung, ob man ein Schlichtungsverfahren durchführen möchte oder nicht, sollten folgende Argumente berücksichtigt werden:

 

Vorteile der Schlichtung

 

schnell . vertraulich × kostengünstig × lösungsorientiert × rechtlich fundiert × sicher

 

 

Vorteil Schlichtungsverfahren: schnell

Ein Schlichtungsverfahren kann in 4 bis 6 Wochen abgeschlossen sein.

 

Vorteil Schlichtungsverfahren: vertraulich

Im Gegensatz zum gerichtlichen Verfahren sind Schlichtungsverfahren nicht öffentlich. Die Parteien müssen sich daher keinerlei Sorgen machen, dass vertrauliche Informationen an die Öffentlichkeit gelangen.

Vorteil Schlichtungsverfahren: kostengünstig.

Die Kosten eines zwingenden Schlichtungsverfahrens sind vorstehend dargestellt.

 

Freiwillige Schlichtungsverfahren werden nach Stundensatz abgerechnet. Dies stellt ein Höchstmaß an Transparenz sicher. Die Aufteilung der Schlichtungskosten wird in der Schlichtungsvereinbarung niedergelegt. Gerichtskosten entstehen keine. Anwaltskosten sind nicht zwingend. Bei Beauftragung eines Anwalts trägt jede Partei diese Kosten selbst.

 

Vorteil Schlichtungsverfahren: lösungsorientiert.

Im Schlichtungsverfahren können Lösungen gefunden und formuliert werden, die in einer gerichtlichen Entscheidung so nicht getroffen werden können. In einem Urteil wird nur festgestellt, ob ein Anspruch besteht oder nicht besteht. Ob ein solcher Anspruch letztlich durchsetzbar ist, spielt dabei keine Rolle. Im Schlichtungsverfahren können die unterschiedlichsten Interessen von vorne hinein Berücksichtigung finden.

 

Vorteil Schlichtungsverfahren: rechtlich fundiert.

Im Schlichtungsverfahren bekommen die Parteien die Rechtslage von einem erfahrenen Schlichter genau dargelegt. Die Parteien bekommen somit nicht nur wage Andeutungen oder einseitig geprägte Meinungen, sondern fundierte Rechtsfindungen. Anders als der Rechtsanwalt, werden hierbei nicht die Interessen einer Partei in den Vordergrund gestellt, sondern ein Ausgleich der Interessen angestrebt.

 

Vorteil Schlichtungsverfahren: Sicherheit.

Ein Schlichtungsverfahren wird im Erfolgsfalle mit einer Schlichtungsvereinbarung beendet. Diese Vereinbarung hat die Wirkungen eines gerichtlichen Titels. Sollte sich eine Partei nicht mehr an die Vereinbarung halten, so kann zur Durchsetzung des Anspruches ein Gerichtsvollzieher beauftragt werden.

 

Die derzeitige Situation bei unseren Gerichten:

Ein Amtsrichter befasst sich im Durchschnitt mit 674 Fällen pro Jahr. Urteile werden jedoch lediglich in 196 Fällen gesprochen. Dies entspricht einem Anteil von 29% der Fälle. In 71% der Fälle vergleichen sich die Parteien oder die Klage wird zurück genommen.

 

Richter/in am AG:                                                                                   674 Rechtssachen, davon 196 streitige Urteile

Richter/in am LG (in 1. Instanz):                                                              184 Rechtssachen, davon   52 streitige Urteile

Richter/in am LG (in 2. Instanz):                                                              194 Rechtssachen, davon 100 streitige Urteile

Richter/in am OLG:                                                                                   75 Rechtssachen, davon   31 streitige Urteile

 

In 71% der Fälle vor dem AG hätte das Gericht nicht angerufen werden müssen. In einem solchen Fall wurden Gerichtsgebühren ggf. Zeugenauslagen sowie Anwaltsgebühren für zwei Anwälte nutzlos aufgewendet. Das Schlichtungsverfahren kostet dagegen nur einen Bruchteil und es wird in der Regel in wenigen Wochen abgeschlossen.

 

93,9% der Fälle werden im Amtsgerichtsverfahren abgeschlossen.

83,2% der Fälle werden im Landgerichtsverfahren in erster Instanz abgeschlossen.

 

26,2% der beim Landgericht eingelegten Berufungen werden zurückgenommen.

29,2% der beim Oberlandgericht eingelegten Berufungen werden zurückgenommen.

 

Von den 6,1% der Fälle, in denen gegen ein Amtsgerichtsurteil Berufung einlegt wird, werden 50% nicht rechtskräftig entschieden. 26,2% der Fälle werden zurückgenommen, der Rest wird verglichen.

 

Warum wird trotz dieser Zahlen immer noch geklagt?

Streitigkeiten ziehen sich oft über einen längeren Zeitraum hin. Die Parteien holen sich Rechtsrat bei Interessenvertretern, die nur die Interessen ihrer Mandantschaft sehen. Damit steht die Durchsetzung eigener Interessen im Vordergrund. Ein Ausgleich zwischen den Parteien, der für eine sachgerechte Lösung oftmals notwendig ist, kommt nicht in Betracht. Nach einer gewissen Zeit beschränkt man sich darauf, einen Dritten (das Gericht) in der Sache rechtsverbindlich entscheiden zu lassen. Wie ausgeführt, bekommen Sie in den meisten Fällen aber gar keine rechtsverbindliche Entscheidung. Vielmehr deutet das Gericht lediglich an, wie es entscheiden möchte, oder dass es einen Fall für aussichtslos hält.

 

Auch die Fällen, in denen das Gericht entscheidet, haben einen gewichtigen Nachteil: Das Gericht hat die Initiative übernommen und den Parteien die Möglichkeit genommen, auf die Entscheidung Einfluss zu nehmen. 

 

Bei Forderungssachen geht es den Schuldnern meist nur um einen zeitlichen Aufschub. In vielen Fällen besteht ein finanzieller Engpass. Der Schuldner „erkauft“ somit durch das gerichtliche Verfahren Zeit, um seine Liquidität wieder zu erlangen. Da der Schuldner eine eidesstattliche Versicherung unter keinen Umständen abgegeben möchte, werden selbst eindeutige Fälle unter großem Kostenaufwand durch mehrere Instanzen gezogen. Der Gläubiger verliert dadurch enorm viel Zeit und geht ein Kostenrisiko ein. Als Kläger muss er die Gerichts- und seine Anwaltskosten vorstrecken. Gibt der Schuldner letztlich doch eine eidesstattliche Versicherung ab, so wird selbst im Falle eines positiven Prozessausganges nur ein Pyrrhussieg errungen.

 

Ich empfehle daher:

Schlichten statt prozessieren!

 

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